Discussion:
NPD-Verbot -- Der 2. Flop?
(zu alt für eine Antwort)
Nikolaus Bernhardt
2017-01-02 20:22:50 UTC
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Hallo,

erinnert sich noch jemand an das NPD-Verbotsverfahren in den frühen 2000er
Jahren? Das dann zum Eigentor wurde, weil der Staat dann keine Beweise
vorlegen konnte, die vom Gericht akzeptiert wurden? Der Staat war
gleichzeitig Antragsteller und über seine V-Männer wesentlicher Teil der
NPD. Also musste das Gericht dann die vorgebrachten Beweise zurückweisen.

Die NPD hat das dann damals als Erfolg für sich verbucht.

Nun gibt es seit 2013 ein neues Verfahren. Diesmal wollte man sauber
arbeiten, hat die V-Leute alle "abgeschaltet" und war sich sooo sicher,
dass diesmal alles glatt ginge, dass man die NPD endlich verbieten könne.

Nun lesen wir, dass die regierung wohl mit einem Scheitern des
Verbotsverfahrens rechnet[1], auch die Bundeslänger stellen sich auf dine
Niederlage ein[2].

Ein möglicher Grund könnte sein, dass die NPD zu unbedeutend sei, um sie
verbieten zu müssen.

Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll.

Einerseits ist es klasse, dass Karlsruhe der NPD bestätigt, eine
unbedeutende Partei zu sein. Gut, dass hat so ziemlich jeder geahnt, der
deren Wahlergebnisse der letzten Landtags- und Bundestagswahlen verfolgt
hat. Keine Chance auf Regierungsbeteiligung.

Ernsthafte politische Arbeit in den Parlamenten? Fehlanzeige!

Andererseite wird die NPD nun zum zweiten mal einen Persilschein aus
Karlsruhe bekommen und das als wiederholten Sieg umzudeuten wissen.
Und das gönne ich denen nicht.

Mein Mantra war und ist, dass politische Auseinandersetzungen politisch
geführt werden sollten, nicht über das Verbieten von unliebsamen Parteien.
Und das der Bürger dann an der Wahlurne entscheiden sollte, welche Partei
das bessere Konzept für die Zukunft hat.

Derzeit wählen die wütenden Protestwähler eh nicht mehr die NPD, es gibt
eine Alternative, um seine Unzufriedenheit mit etablierten politischen
Parteien auszudrücken. Ich fürchte, die nächsten Wahlen werden deutlich
zeigen, dass sich viele Menschen von der derzeitigen Politik nicht
verstanden fühlen.

Dass Parteien, die sich für eine Alternative halten, aber kaum tragfähige
Alternativen anzubieten haben, werden die Wähler erstmal nicht bemerken.

Vielleicht braucht es ein oder zwei Legislaturperioden, um die AfD zu
entzaubern, so wie es auch eine Zeit gedauert hat, bis sich die Piraten
(aus meiner Sicht) zu Recht in die politische Bedeutungslosigkeit
verabschiedet hatten.

Nun warten wir mal ab, was Karlsruhe tatsächlich sagen wird...

Nik


1.)
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/npd-regierung-rechnet-offenbar-mit-scheitern-des-npd-verbots-a-1128066.html

2.)
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/npd-verbotsverfahren-auch-in-den-bundeslaendern-schwindet-die-hoffnung-a-1128204.html
Lukas Schmidt
2017-01-02 22:39:10 UTC
Permalink
Nikolaus Bernhardt schrieb am 02.01.2017 um 21:22:
[eventuelle Einstellung NPD-Verbotsverfahren]
Post by Nikolaus Bernhardt
Ein möglicher Grund könnte sein, dass die NPD zu unbedeutend sei, um sie
verbieten zu müssen.
Ich frage mich, ob es einen Zusammenhang zwischen Abzug der V-Leute und
Absturz in die Bedeutungslosigkeit gibt...

SCNR.
--
Lukas

Von meinem echten PC gesendet
Nikolaus Bernhardt
2017-01-12 10:49:53 UTC
Permalink
Post by Lukas Schmidt
[eventuelle Einstellung NPD-Verbotsverfahren]
Post by Nikolaus Bernhardt
Ein möglicher Grund könnte sein, dass die NPD zu unbedeutend sei, um sie
verbieten zu müssen.
Ich frage mich, ob es einen Zusammenhang zwischen Abzug der V-Leute und
Absturz in die Bedeutungslosigkeit gibt...
SCNR.
So lächerlich, wie das zunächst klingen mag, muss das nicht unbedingt sein.

Nehmen wir mal an, wir wären (führender) Kopf in der QKX-Partei. Wir
wissen, dass unsere Ansichten stark umstritten sind und dass wir unter
staatlicher Beobachtung stehen.

Nach der alten Devise "Wenn Du es schon nicht verhindern kannst, dann
versuche, es wenigstens selbst zu gestalten", versuchst Du nun also, Deinem
Gegenspieler ein paar Leute unterzujubeln, die dann als staatliche V-Leute
arbeiten sollen, in Wirklichkeit aber Doppelagenten sind.

Das klingt zunächst verrückt, dürfte aber viele Vorteile haben:

Die QKX kann bestimmen, was der Staat an Interna erfährt und was nicht.
Vorteil QKX.

Die V-Leute bekommen Geld, das sie der QKX zukommen lassen. Vorteil QKX,
die eh immer in der finanziellen Klemme steckt.

Die QKX erfährt, wofür sich der Staat mehr interessiert und wofür weniger
und wo er in seiner Aufklärung "blinde Stellen" hat und kann daraus
Rückschlüsse ziehen. Vorteil QKX.

Die QKX erfährt, wer die V-Mann-Führer sind, kann diese überwachen und so
herausfinden, ob es andere V-Leute gibt, von denen die QKX noch nichts
weiß, und diese dann umdrehen oder kaltstellen oder auffliegen lassen.
Vorteil QKX.

Wenn man sich mit Spionage und gegenspionage beschäftigt, dann ist das
alles ein sehr rationaler Ansatz. Wäre ich bei der QKX, dann würde ich das
ge-nau-so machen.

Schaltet der Staat dann seine V-Männer ab, dann entgeht der QKX nicht nur
viel Geld, dann erfahren sie auch nichts mehr über das Vorgehen der
staatlichen Überwacher. Dann wendet man dann besser das Vorsichtsprinzip an
und fährt dann eine Zeit lang auf "Sparflamme"...

Klingt zunächst total albern, aber wenn man es mal durchdenkt, dann wird es
erschreckend real denkbar...

Nik
Andreas Schwarz
2017-01-03 17:54:54 UTC
Permalink
Post by Nikolaus Bernhardt
Derzeit wählen die wütenden Protestwähler eh nicht mehr die NPD, es gibt
eine Alternative, um seine Unzufriedenheit mit etablierten politischen
Parteien auszudrücken. Ich fürchte, die nächsten Wahlen werden deutlich
zeigen, dass sich viele Menschen von der derzeitigen Politik nicht
verstanden fühlen.
Ein schwieriges Problem, wenn die geschaffenen Werte und sozialen Standards
als gegeben hingenommen werden und die eigene Unzufriedenheit ueber einzelne
Details abgebildet wird.
--
PGP: 0x661AB571
Nikolaus Bernhardt
2017-01-11 22:05:29 UTC
Permalink
Post by Andreas Schwarz
Ein schwieriges Problem, wenn die geschaffenen Werte und sozialen Standards
als gegeben hingenommen werden und die eigene Unzufriedenheit ueber einzelne
Details abgebildet wird.
Klar.

Und die Einzigen, die "einfache Lösungen" in schwierigen Zeiten versprechen
sind wirklich keine ernstzunehmende Alternative. Weil sie nicht an der
Regierung sind. Und weil sie dann merken werden, dass ihre vermeintlichen
Ideen in der Praxis nicht funktionieren werden.

Leider gibt es seit vielen Jahren eine Entsolidarisierung der Gesellschaft.
Auch die SPD, die lange als Partei der sog. kleinen Leute galt, hat mit den
Hartz-Reformen kräftig dazu beigetragen. Auch das mag zu einer allgemeinen
Unzufriedenheit beigetragen haben, die nun von politschen Rattenfängerrn
ausgenutzt wird.

Dazu kommen andere Dinge...

Vorweg: Ich halte die Entscheidung, in Notzeiten vielen Menschen zu helfen,
für richtig und wichtig. Man kann das als Gebot der Menschlichkeit sehen,
als "Christenpflicht" oder sonstwie rechtfertigen.

Bei der Umsetzung ganb es leider viele handwerkliche Fehler. Zum einen
wurden die Grenzen einfach aufgemacht und die Menschen wirklich ohne jede
Kontrolle hereingelassen. Gut, so kann binnen kürzester Zeit viele Menschen
bewältigen. Leider waren auch viele darunter, die kurz nach Grenzübertritt
ihre Ausweisdokumente "verloren" oder in der nächsten zugänglichen Toilette
entsorgten. Ohne Ausweisdokumente kann man Menschen im Zweifel nicht wieder
rückführen.

Das sprach sich schnell rum. Sowohl bei Menschen, die nachrückten, als auch
bei der Bevölkerung, die sich dann teilweise verarscht vorkam. Klar, man
hilft gerne, aber erwartet dann auch Ehrlichkeit im Gegenzug. Und daran
hielten sich viele, aber eben einige auch nicht.

Ein "Wir schaffen das", ohne sich zu überlegen, wie wir das schaffen, ohne
dabei Bedenken oder gar Ängste der Bevölkerung ernstzunehmen und durch
konkrete Vorhaben zu beantworten, schufen ein Klima von Verunsicherung, das
von gewissen Kräften für eigene Zwecke schamlos ausgenutzt werden konnte.

Um's ganz klar zu sagen, Deutschland ist ein verdammt reiches Land, wir
können es uns locker leisten, viele Menschen aufzunehmen. Wir können auch
viele Analphabeten in Schulen schicken und ihnen Lesen und Schreiben
beibringen. Machen wir mit unseren Kindern ja auch. Gut, Erwachsene
brauchen andere Schulen, aber ein High-Tech-Staat kann das wuppen, so er
denn will.

Und genau dieser Wille fehlt. Wo ist eine ermahnende, aufrüttelnde Rede,
die uns anspornt, die uns ermutigt, dass wir, wenn wir es wollen, noch ganz
andere Dinge bewältigen konnten und immer noch können. Eine Nation, die
nach dem Zweiten Weltkrieg ein Land binnen weniger Jahre wieder aufgebaut
hat, kann auch 1 Million Flüchtlinge (bei Wunsch auch andere Zahl hier
einsetzen) bewältigen.

Erinnert sich jemand an Kennedys Rede[1], wo es um das Thema benannte
Mondlandung ging? DAS nenne ich eine Rede, die Menschen motiviert, auch
schwierige Dinge anzugehen. Ein "Wir schaffen das" alleine reicht nicht.

Derzeit streitet man sich über Obergrenzen für den Zuzug von Flüchtlingen.
Das ist weder christlich noch sozial. Erschreckend, dass die lautesten Rufe
dann von der "Christlich Sozialen Union" (CSU) kommen. Politik auf Kosten
der Menschen zu machen, denen ein Büegerkrieg gerade ihre Heimat zerbombt
hat, ist schäbig und unwürdig.

Kein Wunder, dass rechte Rattenfänger derzeit Oberwasser bekommen, wenn die
großen Parteien sich nicht mit den Problemen des Landes sondern lieber mit
sich selbst beschäftigen...

Nik

1.) https://en.wikipedia.org/wiki/We_choose_to_go_to_the_Moon
Nikolaus Bernhardt
2017-01-17 15:46:57 UTC
Permalink
Post by Nikolaus Bernhardt
Ein möglicher Grund könnte sein, dass die NPD zu unbedeutend sei, um sie
verbieten zu müssen.
Und, siehe, so war es.
Post by Nikolaus Bernhardt
Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll.
Einerseits ist es klasse, dass Karlsruhe der NPD bestätigt, eine
unbedeutende Partei zu sein. Gut, dass hat so ziemlich jeder geahnt, der
deren Wahlergebnisse der letzten Landtags- und Bundestagswahlen verfolgt
hat. Keine Chance auf Regierungsbeteiligung.
Ernsthafte politische Arbeit in den Parlamenten? Fehlanzeige!
Andererseite wird die NPD nun zum zweiten mal einen Persilschein aus
Karlsruhe bekommen und das als wiederholten Sieg umzudeuten wissen.
Und das gönne ich denen nicht.
Und auch das ist nun passiert.

Bei der NPD knallen bestimmt die Sektkorken, weil man zum zweiten mal den
(gefühlten) Persilschein bekommen hat.

Dass die NPD inzwischen einen Teil ihrer Ideologie an Teile der AfD
weitergegeben hat, kommt noch dazu...

Ich bin gespannt, wie das nun weitergehen wird...

Nik

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