Discussion:
Corona
(zu alt für eine Antwort)
Nikolaus Bernhardt
2020-03-17 18:07:33 UTC
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Hallo, liebe (hier noch) Mitlesende,

ich gabe zu, auch ich habe mich getäuscht. Tat ich vor einiger Zeit Corona
noch ab, habe ich meine Meinung inzwischen geändert und nehme das Thema
wirklich ernst.

Nein, nicht hysterisch ernst, ich hamstere nicht 500 Rollen Klopapier oder
Dutzende Packungen Nudeln; inzwischen ist beides beim Supermarkt bei mir
nebenan auch ausverkauft.

Ich gehöre auch nicht zu denm "Preppern", die von allem mindestens einen
Jahresvorrat im atombomensicheren Keller haben. Glücklicherweise habe ich
nie eine Zeit erleben müssen, in der es (auf Dauer) nichts mehr in den
Läden hab oder mein Geld nicht mehr genug (oder gar überhaupt nichts mehr)
wert war, um Lebensmittel oder Dinge des täglichen Bedarfs bezahlen und
einkaufen zu können.

Meine Oma, 1909 geboren, dürfte als (achtjähriges) Kind gehungert haben,
damals im ersten Weltkrieg, als es wirklich wenig zu essen gab. Dann
erlebte sie die Weltwirtschaftskrise, den zweiten Weltkrieg (in dem die
Deutschen kaum hungerten, es standen genug besetzte Gebiete zur Verfügung,
die man ausplündern konnte und es tat), dann die Zeit nach dem Krieg. Aber
da war sie schon lange mehrfache Mutter und musste ihre Kinder
durchfüttern.

Ich habe im Zusammenhang mit der Anzahl der Corona-Toten in Deutschland
folgende Zahlen gelesen:

~80.000 Tote durch Alkohol
~10.000 Suizide
~3.100 Verkehrstote
(und noch ein paar andere Zahlen zu den Ursachen Krebs usw.)
Fallzahlen in Deutschland und bezogen auf das Jahr 2019.

Da hatten wir 6 bestätigte Corona-Tote, also deutlich weniger als die stat.
8,5 Verkehrstoten jeden(!) Tag. Ich blieb relativ gelassen.

Aber -- und nun kommt der eigentliche Punkt -- Menschen neigen dazu,
Verläufe als linear anzunehmen, das gilt auch für ein Wachstum.

Immer wenn Verläufe jedoch exponentiell laufen, also Formeln wie

X(n+1) = F * X(n) ^t*k

tun wir uns schwer.

Wobei
X(n) die Fallzahl in der Periode X
F ein Korrekturfaktor sein kann. Wenn von der Anzahl X 20% sterben, dann
eben F=0,8
t ist die Zeit
k ein korrekturfaktor der Zeit.

Und genau bei sowas versagt unser Zahlen"gefühl". Was also tun, wenn die
Zahl demnächst (rasant) ansteigen könnte?

Nein, den Prepper von nebenan überfallen und seine Vorräte klauen, ist
selten eine gute Idee. Diebstahl und Raub sind strafbar und wer weiß, ob
der Prepper nicht bis an die Zähne bewaffnet ist und auch ein paar
Zehntausend Schuss Munition für seine Waffen hat?

Also Netflix (oder andere Dienste) bis zum Pupillenstillstand und nur noch
zum Einkaufen vor dir Tür gehen?

Schon besser. Soziale Kontakte meiden, die Infektionsketten unterbrechen.
Und wer kann, arbeitet aus dem Home-Office?

Wie seht ihr das?
Wart Ihr auch erst optimistischer als ihr es jetzt seid?

Nik
g***@archenoah.i-did-not-set--mail-host-address--so-tickle-me
2020-05-26 19:22:36 UTC
Permalink
Ja, dieses Thema scheint ja hier etwas eingeschlafen zu sein. Und
überhaupt es hat sich ja jetzt auch alles zu einer neuen Normalität
entwickelt. Ich erwische mich ja selbst dabei mich darüber zu ärgern
wie viele Leute das mit dem Infektionsrisiko auf die leichte Schulter
nehmen. Andererseits gibt es auch Risiken, die ich auf die leichte
Schulter nehme, wo sich dann andere vielleicht drüber ärgern.

Ich hab ja auch meine Vorratseinkäufe gemacht. Und ja, ich dachte es
wäre gut, alles zu Hause zu haben, damit man nicht mitten in der
Infektionswelle sich und andere gefährden muss, in dem man loszieht
und einkaufen geht. Und dann sehe ich das was passiert?

Nichts! Ein großteil der Menschen bewegen sich einfach so wie immer.
Ok, die Restaurants sind zu, dann geht man eben in Park grillen. Ich
kam mir zeitweise ziemlich alleine vor mit dem Anspruch dieses Virus
gemeinsam mit anderen durch konsequente Risikovermeidung aus der Welt
zu schaffen. Sehr Obrikgeitshörig hatten, als bei uns die Maskenpflicht
kam plötzlich überall Menschen die Maske tragen. Ja sind wir denn
Kinder? Dass man uns sagen muss, was wir zu tun haben?

Ich sehe hier eine fortschreitende Entmündigung. Eine selbstverschuldete
Entmündigung. Eine Entmündigung entmutigter Menschen, denen ständig
Versager vorgesetzt werden, die bei dem Gebrauch ihres Verstandes
kläglich gescheitert sind und deren Verstand sie letztendlich zu
alternativen Wahrheiten geführt hat. Heute behaupten ja vor allem die,
ihren Verstand zu gebrauchen, die ihn an irgendwelche charismatischen
Führer abgegeben haben. Ja leben wir im Zeitalter der großen
Selbsttäuschungen?

Viele Leute schließen sich irgendeiner Theorie einfach nur an, weil sie
sie verstehen können, ohne sie auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen. Man
nimmt was man kriegt. Und zugegeben, die wirklich tragfähigen Modelle
sind in nahezu allen Wissensgebieten heute nicht gerade leicht zugänglich.
Post by Nikolaus Bernhardt
Aber -- und nun kommt der eigentliche Punkt -- Menschen neigen dazu,
Verläufe als linear anzunehmen, das gilt auch für ein Wachstum.
Immer wenn Verläufe jedoch exponentiell laufen, also Formeln wie
X(n+1) = F * X(n) ^t*k
tun wir uns schwer.
Wir sind eben konditioniert uns eine Phantasiewelt zu schaffen, die der
Wirklichkeit zwar so ähnlich ist, dass wir uns daran orientieren können,
die von der Wirklichkeit aber so weit runtergebrochen ist, dass wir sie
auch verstehen können. Wir kennen diesen Effekt aus dem Film Matrix. Und
manche Phantasieren sich, dass wir aus dieser Matrix einfach aufwachen
können. Aber eigentlich gelangen wir nur in eine neue Matrix, die die
alte Matrix einschließt:

Bigger Data und es geht weiter und wir brauchen mehr Denkleistung um
diese neue Stufe zu verinnerlichen und um auf einer späteren Stufe zu
erkennen es gibt keine Stufen, ausser die, die wir uns denken, damit wir
unseren Schritten eine aufsteigende Hierarchie geben. Um uns nicht
eingestehen zu müssen, dass wir im Verfall sind.

Ökonomisch macht es Sinn, die Denkleistung auf das Nützliche zu
beschränken. Was das Nützliche ist: entscheiden wir selbst! Mit unserem
strategischen Kalkül. Für mich erscheint es z.B. nützlich Bill Gates als
Problemfall anzusehen. Muss man dann sein Hirn so weit anstrengen, dass
Zweifel aufkommen, an den teils schwerwiegenden Anschuldigungen gegen
dese Person?
Post by Nikolaus Bernhardt
Wie seht ihr das?
Wart Ihr auch erst optimistischer als ihr es jetzt seid?
Ich mache mir viele Gedanken. Über den Papst, über die Bundeskanzlerin,
über die Europäische Zentralbank und die europäischen Institutionen,
über Facebook und über VKontakte, über George Soros, über UFOs, über
Migration, über Homöopathie, über Friedensverträge, über Kulturdominanz.
Bei allen diesen Gedankengängen bin ich aber nur in der Lage sie zu Ende
zu führen wenn ich einen Großteil der mir bereits zur Verfügung
stehenden Information einfach ungeprüft und ungeachtet lasse. Damit will
ich sagen, was Gödel in seinem Satz so schön formuliert hat und was ich
hier vereinfacht wiedergeben will:

Ein formales System ist entweder unvollständig oder in sich widersprüchlich.

Ich drehe das Glücksrad, möchte ein 'E' kaufen, für mich den Mainframe
und für meine Mitspieler einen Aluhut. So viel Optimismus braucht man um
im Spiel zu bleiben.

MfG
-maX->

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